Eine raue, tiefe Stimme hallt aus der Dunkelheit zu ihr herüber. Suchend nach ihr, blickt sich die Frau um. Ihr Körper in Lumpen gehüllt. Frierend umschlingen ihre Arme ihren Körper.

„Wenn deine Welt wie ein Gefängnis ist, was gedenkst du, dagegen zu tun?

Wenn nichts mehr dich zum Lachen bringt, wie willst du dich noch freuen?

Wenn meine Worte dich nicht mehr erreichen, wirst du mein Herz dennoch hören?“

Mit rasendem Herzen schreckt die junge Frau hoch. Der Schweiß läuft an ihrem Körper hinab und mit weit aufgerissenen Augen blickt sie in der Dunkelheit umher. Was war das für ein Traum? Seufzend legt sich ihre Hand an die feuchte Stirn und lässt sich nach hinten in ihre alten Kissen fallen. Ihr dunkelbraunes Haar legt sich wie ein Schleier über das Grau des Kissens. Nur das schwache Knistern der letzten Glut im Kamin ist zu hören. Selbst der Wind, der sonst um das alte, fast zerfallene Haus streift, schweigt diese Nacht.

Darja starrt zur Decke und versucht, ihre Gedanken zu beruhigen, die wie Blitze in einem Gewitter unverhofft und nur für Sekunden auftauchen. Als sie merkt, dass es nichts bringt, schlägt sie murrig ihre Decke zurück und erhebt sich von der dünnen Pritsche, die sie als Bett bezeichnet.

Sie greift nach dem langen, warmen Umhang, der nahe ihrem Bett über einem Stuhl ruht und legt ihn sich um. Noch immer frierend nähert sie sich dem Kamin und erhitzt das Wasser, das bis vor kurzem in dem Kessel ruhte.

Darja kann die Gedanken an ihrem letzten Traum nicht verdrängen. Während sie wartet, dass das Wasser zu kochen beginnt, setzt sie sich vor den Kamin und beginnt, gedankenverloren in die Glut zu starren. Mechanisch greift ihre Hand nach einem der Holzscheite und dieser landet vorsichtig auf der Glut, um erneut in einem Feuer zu verschwinden.

Erst, als sie das aufsteigen der Blasen hört, kann sie ihren Blick von den nun wieder brennenden Holzscheiten lösen und füllt sich einen Becher des heißen Wassers ab. Darja wendet sich dem Bretterverschlag zu. Wo früher ein Fenster war, befanden sich nun abgenutzte und verwitterte Bretter, die den Wind und die Kälte zumindest halbwegs draußen halten sollten. Sie wirft einen Blick durch eine der kleinen Öffnungen und ein zartes Lächeln legt sich auf ihre Lippen. Der Vollmond erhellt die Nacht und scheint ihr kleines Heim zu umgeben. Den Umhang fester um sich ziehend und mit dem warmen Becher in der Hand, wendet sie sich der Tür zu, die sich einen kurzen Augenblick später knarrend öffnet.

Als Darja das weiche Gras unter ihren Füssen spürt, merkt sie, wie alle Last von ihren Schultern abzufallen scheint. Die Gedanken an den Traum verblassen, während sie immer weiter in den Wald hinein schreitet.

Sie genießt die Stille, die sie umgibt und leise summend setzt sie ihren Weg fort. Es sind nicht mehr viele Nächte die ihr noch bleiben und mit einem wehmütigen Blick denkt sie an das, was einst geschehen ist…

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